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Politik und Technik aus München - Pazifistisch
mit dem Fahrrad (Peace, cycling and more)

Streikbrecher

Mittwoch, 26.10.2005    

Die Münchner IG Metall hat anläßlich des Infineon-Streiks einen Jack-London-Klassiker wieder ans Licht geholt (dort als PDF 52k). Ich möchte es hier direkt auf die Seite stellen ... lest hier

Nachdem Gott die Klapperschlange, die Kröte und den Vampir geschaffen hatte, blieb ihm noch etwas abscheuliche Substanz übrig, und daraus machte er einen Streikbrecher. Ein Streikbrecher ist ein aufrechtgehender Zweibeiner mit einer Korkenzieherseele, einem Sumpfhirn und einer Rückgratkombination aus Kleister und Gallert. Wo andere das Herz haben, trägt er eine Geschwulst räudiger Prinzipien.

Wenn ein Streikbrecher die Straße entlang geht, wenden die Menschen ihm den Rücken, die Engel weinen im Himmel und selbst der Teufel schließt die Höllenpforte, um ihn nicht hineinzulassen. Kein Mensch hat das Recht, Streikbrecher zu halten, solange es einen Wassertümpel gibt, der tief genug ist, daß er sich darin ertränken kann oder solange es einen Strick gibt, der lang genug ist, um ein Gerippe daran aufzuhängen. Im Vergleich zu einem Streikbrecher besaß Judas Ischariot, nachdem er seinen Herrn verraten hatte, genügend Charakter, sich zu erhängen. Den hat ein Streikbrecher nicht.

Esau verkaufte sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht. Judas Ischariot verriet seinen Heiland für 30 Silberlinge. Benedict Arnold verkaufte sein Land für das Versprechen, daß man ihm ein Offizierspatent in der britischen Armee geben würde. Der moderne Streikbrecher verkauft sein Geburtsrecht, sein Land, seine Frau, seine Kinder und seine Mitmenschen für ein unerfülltes Versprechen seines Trusts oder seiner Gesellschaft.

Esau war ein Verräter an sich selbst. Judas Ischariot war ein Verraäter an seinem Gott und Benedict Arnold war ein Verräter an seinem Land. Ein Streikbrecher ist ein Verräter an seinem Gott, seinem Land, seiner Familie und seiner Klasse!

(Jack London, amerikanischer Schriftsteller, 1876-1916)

Nachsatz: ich mag sonst keinen Pathos, aber Jack London darf das