Meine Jahrzehnte im Friedensengagement (autsch) ergeben ein dickes Fell, was die Volten der Friedensbewegung betrifft, aber nicht alles kann ich aushalten.
Bis heute leiden wir darunter, wie schwer sich weite Teile tun, den Kriegskurs von Rot-Grün ernst zu nehmen.
Natürlich ist Bündnispolitik gegen rechts immer wichtig - die Lehren der Vergangenheit! - aber Wunschdenken und in-die-Tasche-lügen ist erst recht von Übel.
Garade in der Friedensbewegung ist "Gut gemeint" leider zu oft vertreten.
Mein "Aha-Erlebnis", schon öfter erwähnt, war die Auseinandersetzung mit dem Begriff "Zivile Konfliktlösung", siehe dort die wiederholte Befassung bei der BIFA (bitte etwas Zeit mitbringen, ist evtl. etwas unübersichtlich).
Vor einiger Zeit war denn ein Tiefpunkt der Aufruf "Vorrang für Zivil", wo die Militärkritik bis zur Unkenntlichkeit verdeckt wurde, und, so der rote Faden, immer der etablierten Politik die "richtigen Ziele" in ihrer "Konfliktbearbeitung" unterstellt wurden, bei denen sie leider, leider mehr als nötig zu militärischer Gewalt greift.
Aktuell zur EU-Wahl tauchte eine Variante dieser staatstragenden Friedensargumentation auf, mit einem Appell, den aus Deutschland auch Gruppen unterstützen, die ich zum Teil "eigentlich schätze".
Zum jetzigen Zeitpunkt muß der Inhalt von "Europe, vote for Peace" (www,civilpeace.eu) im Gegensatz zu seiner Aussage (!) wie ein Wahlaufruf für Rot-Grün erscheinen, die deutsche NGO "ForumZFD" ist einer der Hauptinitiatoren. Deren "Ziviler Friedensdienst" ist mir vor allem deswegen suspekt, weil er mir längst als "spezieller Arm der deutschen Außenpolitik" erscheint (nach meinem Kenntnisstand werden die Zivilisten im "Auslandseinsatz" vom deutschen Außenministerium mit vorbereitet ... klar, geht nicht ohne Geld vom Staat).
Kurze Beispiele aus dem Appell:
"setzen sich unsere Organisationen für effizientere, nachhaltigere und weniger kostspielige Ansätze zur Bewältigung von internationalen Konflikten und Krisen ein"
- d.h., die Ziele sind nicht strittig, es geht also um effizienteren Kolonialismus?
"Das Ansehen und die Effizienz der EU als ein globaler Friedensakteur .."
- das sehe ich als häßliche Propaganda, denn die EU spielte nach allem was ich sehe eine gegenteilige Rolle, in zunehmender Kooperation mit der NATO übrigens.
Dann steht dort: "Wir begrüßen daher eine stärkere Rolle des Europäischen Parlaments als demokratisch gewählte EU-Institution"
- damit wird die Irreführung der Lissabon-Lobby transportiert, denn gerade beim Thema Militär und Außenpolitik hat das EU-Parlament genau nix zu sagen, jetzt als auch mit dem Lissabon-Vertrag!
... als Gegenpart zur Europäischen Verteidigungsagentur, schlagen wir vor, dass zumindest eine Peacebuilding Abteilung (Department/Directorate) eingerichtet wird. ..
- Großartig, die Aufrüstungsagentur wird locker akzeptiert, indem man ein Alibigremium daneben stellt. Aha, so funktioniert Politik? Gebt uns einen ordentlich bezahlten Posten, und wir spielen mit?
Die Aktivitäten der deutschen NGOs erscheinen in meinen Augen durchsichtig: Für Staatsknete bringen sie weichgespülte Kritik, mit der von der tatsächlichen militärischen Machtpolitik und den menschenfeindlichen neoliberalen Zielen abgelenkt wird.
Schon länger hoffte ich, mich kontinuierlicher und systematischer damit auseinandersetzen zu können; jetzt, unter dem Eindruck dieses Wahlkampfstücks, halt erst mal schnell und kurz.
Klar: Die Grünen haben "Außerparlamentarische Aushängeschilder" für die EU-Kandidatur gewonnen, und lenken damit von ihrer systemtaischen Unterstützung der EU-Militarisierung ab, die SPD geht mit Überläufern der Linken hausieren - beide haben die gegenwärtige Regierungspolitik entscheidend unter Schröder vorbereitet. Für beide ist es sozusagen ein Genuß, die Appelle der befreundeten NGOs im Wahlkampf hochzuhalten, da keinerlei störenden Konsequenzen für die weitere Militarisierung daraus erwachsen (und der Lissabon-Vertrag im Hintergrund bleibt), und just die zunehmende zivil-militärische Verzahnung zu allerlei Tricks einlädt.
Nett, wenn sie im Wahlkampf den Eindruck erwecken wollen, sie hätten mit der alten Politik und ihren Ergebnissen nichts zu tun - aber die Grünen sind eine Pseudo-Opposition, und bei der SPD ist die Fassade genauso löchrig.
Bei allen Kämpfen - ich mag mich nicht durch Parlamentsauseinandersetzungen ablenken lassen und werde mich nicht selbst auf die Parteipolitik einlassen - aber es wäre doch ärgerlich, wenn die Linken1 sich gegenüber der Medienmacht nicht besser durchsetzen könnten - das ist momentan nämlich das entscheidende Signal wg. Krieg und Frieden - soweit es überhaupt um Wahlen geht!
Hoffen wir also, daß die WählerInnen sich nicht täuschen lassen ...
Kleine Gedächtnisstütze: www.antikriegsstimme.eu und auch dieses
- 1. wobei auch weite Teile der Linken (Partei) meine Punkte gar nicht verstehen werden, fürchte ich