Kommentare aus der AMAZONAS-Box
Politik und Technik aus München - Pazifistisch
mit dem Fahrrad (Peace, cycling and more)

Fahnenflüchtige ohne politische Verfolgung

Sonntag, 28.5.2006    

Manches schockiert mich trotz aller Abgebrühtheit gegenüber dem Establishment:

Kindersoldaten sind Opfer schwerster Kriegsverbrechen. Dennoch vertritt das Bundesamt für die Anerkennung politischer Flüchtlinge die Meinung, dass es sich bei ehemaligen Kindersoldaten um Fahnenflüchtige ohne politische Verfolgung handelt. Fluchtgründe wie die Rekrutierung als Minderjähriger oder die Ermordung der Eltern werden nicht als asylrelevant anerkannt. Ehemalige Kindersoldaten haben im deutschen Asylverfahren daher kaum eine Chance.

So beschreibt terre des hommes die Situation von (ehemaligen) Kindersoldaten, die es - wie auch immer - nach Deutschland schaffen (jetzt erst komme ich drauf - die Feststellung selbst ist nicht neu).

Zwangsrekrutierung: nicht asylrelevant
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge stellt als Fluchtursache zunächst »Desertion« fest. Dies allein ist aber für die Anerkennung als politischer Flüchtling nicht ausreichend, ..denn politische Verfolgung kann nach geltendem Recht nur vom Staat ausgehen. Wenn aber, wie in vielen Bürgerkriegsländern, der Staat soweit zerfallen ist, dass keine effektive staatliche Gewalt mehr angenommen werden kann, schließt die Rechtssprechung die Gewährung von Asyl aus, weil staatliche Verfolgung nicht möglich ist. Eine Logik, bei der nicht das Schutzbedürfnis eines Menschen, sondern der Verursacher entscheidend ist. Eine Logik, die im vorliegenden Entwurf für das neue Zuwanderungsgesetz durch die Anerkennung nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Fluchtgründe geändert werden sollte. Ob aber diese Fassung durchgesetzt wird, wann mit einer Verabschiedung zu rechnen ist und ob bei Inkrafttreten das besondere Schutzbedürfnis Minderjähriger auch in der Praxis berücksichtigt werden würde, ist fraglich.
 
Hinzu kommt, dass die Jugendlichen dem nicht kindgerecht gestalteten Asylverfahren in der Regel nicht gewachsen sind und sich in Widersprüche verstricken: »Die haben immer gefragt, an welchem Tag ich abgeflogen bin«, erzählt zum Beispiel Mala aus Sri Lanka. »Aber ich weiß nicht, wann das war. Ich habe einfach ein Datum gesagt. Dann haben die wieder gefragt, und ich hatte dieses Datum vergessen. Sie meinten, wenn das Datum stimmen würde, dann hätte ich es im Kopf. Die haben also gedacht, ich lüge.«

Bei der Vorbereitung der BIFA-Veranstaltung zum Bundeswehr-Kongo-Einsatz stoßen wir zwangsläufig immer wieder auf das Thema Kindersoldaten. Das ist nicht nur in Afrika ein brutales Problem.