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Tibet via Mecklenburg

Samstag, 4.10.2008    

Immer noch Nachträge. ... Zum Ausflug nach Malmö ging es über den Olgashof - eine kleine, bunte Kommune bei Mecklenburg Dorf. Klein als Gruppe, aber groß als Hof.

Dort trafen wir Stephan, viel zu reden gabs, andere Anschauungen kennenlernen, Neugier. Es animierte ihn, und er machte sich danach an eine Übersetzung als wir schon segelten, und sie erscheint hier als Erinnerung an die Gastfreundschaft ..

Die deutsche Übersetzung aus dem Englischen kam von dort, wo es weiter geht zum Chinesischen Gedicht.

Und nun Stefan's deutsche Fassung (in der 'ich'-Form der Dichterin):


Die Furcht in Lhasa (Fear in Lhasa)

(ein Gedicht von Woeser, eine tibetische Dichterin, die in chinesisch schreibt und in China lebt)

Ein übereiltes Farewell an Lhasa,
Jetzt eine Stadt der Furcht.
Ein übereiltes Farewell an Lhasa,
Wo die Furcht größer ist als alle Furcht nach 1959, 1969 und 1989 zusammen.
Ein übereiltes Farewell an Lhasa,
Wo die Furcht in deinem Atmen ist, in deinem Herzschlag,
In der Stille, wenn du sprechen möchtest, es aber nicht tust,
Im Würgen (?) in deiner Kehle.
Ein übereiltes Farewell an Lhasa,
Wo die andauernde Furcht hingekriegt wird durch die Legionäre mit ihren Gewehren,
durch zahllose Polizisten mit ihren Gewehren,
durch unzählige Geheimpolizisten,
Und noch mehr durch die kolossale Maschinerie des Staates, der Tag und Nacht hinter ihnen allen steht,
Aber du darfst keine Kamera auf sie richten, oder sie richten ein Gewehr auf dich,
Vielleicht in irgendeine Ecke geschleppt, und niemand wird davon erfahren.
Ein übereiltes Farewell an Lhasa,
Wo die Furcht am Potala beginnt und noch stärker wird, wenn du ostwärts gehst, durch das tibetische Viertel,
Schreckliche Schritte schallen überall von den Wänden, doch während des Tages siehst du nicht einmal ihre Schatten,
Sie sind wie Gespenster, die bei Tage unsichtbar sind, aber der Schrecken ist schlimmer, er könnte dich verrückt machen.
Ein paar Mal ging ich an ihnen vorüber, mit den kalten Waffen in ihren Händen.
Ein übereiltes Farewell an Lhasa,
Wo die Furcht jetzt auf´s Kleinste registriert wird durch die Kameras, die die Straßen und die Alleen und die Büros besetzen,
Und jedes Kloster und jede Tempelhalle,
Alle diese Kameras,
die alles aufnehmen,
sich drehend von der äußeren Welt um tief in deinen Geist zu sehen.
„Zab zab chi!1 Sie beobachten uns“ – bei Tibetern ist dieses ein geflügeltes Wort geworden, verstohlen geflüstert.
Ein übereiltes Farewell an Lhasa:
Die Furcht in Lhasa bricht mir das Herz. Hab´ es niedergeschrieben.

am 23. August 2oo8
auf der Straße raus aus Lhasa
Übersetzung aus dem Chinesischen (?) ins Englische von www.raggedbanner.com . Öffne diese große Seite für andere Gedichte von Woeser und für: Tibet´s wahres Herz, das Buch.
Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche von Aryaman am 14. September 2008
  • 1. Zab zab chi (tibetisch): „bitte sei vorsichtig.“ In diesen Tagen ein sehr häufiger Ausspruch zwischen Tibetern.
    [Ich war in Lhasa vom 17. bis zum 23. August [2008], bisher mein kürzester Aufenthalt, und ich hatte keine Wahl als es zu verlassen ... diese Worte sollen mich daran erinnern.
    Und da ist noch was, das ich sagen will: Ihr habt die Gewehre. Ich habe die Schreibfeder.]